Es war ein denkwürdiger Abend und eine sicher unvergessliche GR-Sitzung am 28.6.2021 in Nehren. Hagel, Hochwasser und ein Berliner Rechtsanwalt Remo Klinger, der gemeinsam mit seiner Kollegin Lisa-Marie Dück, Fachanwältin für Umweltrecht, das Rechtsgutachten der Kanzlei zur Endelbergtrasse vorstellte.
Die Mandantin, die Gemeinde Nehren, hatte Klinger und seine Kanzlei beauftragt, die Planfeststellungsunterlagen nach möglichen Klageansätzen im Baufall zu analysieren – und, dies sei vorweg gesagt, jene waren nicht zu finden. Dafür allerdings stieß Klinger, der auch als Fachanwalt für die Deutsche Umwelthilfe eingesetzt ist, auf vielerlei Ansätze, die dieses irrsinnige Projekt aufhalten bis beenden könnten. Wenn alle Akteure sich zusammentun. Denn eines wird deutlich: die Umweltverbände – also alle verbandsklageberechtigten Instanzen wie LNV, Nabu und BUND – sind nicht in ausreichendem Maße einbezogen worden.

Dabei bewertete die Kanzlei die Unterlagen nicht nach eigener Rechtsauffassung, sondern anhand vorliegender Gerichtsurteile bei ähnlichen Verfahren und daraus resultierenden Wahrscheinlichkeiten.
Allerdings – und genau das macht das ganze Verfahren letztlich interessant – gibt es bislang kaum Urteile zur mangelhaften Berücksichtigung des Klimaschutzes bei Straßenplanungen. Und eben jenes Themenfeld wurde bei der Trassenplanung nicht ausreichend berücksichtigt. Es ist aber auch ein Themenfeld, das alle juristischen Personen, also auch jugendliche Einzelkläger, ebenso wie die Naturschutzverbände angeht. Doch dazu etwas weiter unten genauer.
Klinger und Dück führten aus, bei der Linienbestimmung der Trasse habe der Planungsträger einen sehr großen Ermessensspielraum, deshalb sei eine Klage gegen Trassenführungen meist nicht sinnvoll. Zudem dürfe sich das RP durchaus für die offensichtlich umweltschädlichste Variante entscheiden, wenn dadurch z. B. der Abriss von Gebäuden verhindert werden kann.
Spannend wird hier sein, nochmal genauer hinzusehen – denn dass hier eine andere Gewichtung auf die Wertigkeit von Gebäudeabrissen gelegt wird, wird ganz klar: der ältere Herr, der sein Lebenswerk aufgrund des aktuellen B27-Verlaufes bereits einmal umsiedeln musste, wird nun ein zweites Mal seiner Heimat beraubt. Irrwitzig und skurril!

Andere, die die Trassenvarianten offensichtlich im vollen Bewusstsein im Linienfeststellungsverfahren verbaut haben, lässt unser Recht da ungeschoren. Interessant ist das alles weniger allein rechtlich, sondern eher moralisch – welche Position man da auch nach außen hin einnimt, muss jede/r also für sich selbst verantworten.
Die Kanzlei sieht nun aber juristisch relevante und durch das RP zu bearbeitende Fehler durchaus in mehrfacher Hinsicht:
Wasserrecht: hier stellte die Kanzlei eine nicht ausreichende Prüfung auf Auswirkungen auf Wasserkörper fest. Dazu müsse nach anwaltlicher Sicht das RP nachbessern und dazu die Träger öffentlicher Belange und nicht zuletzt auch die Bürgerschaft und betroffene Einzelpersonen (wie Landwirte) neu beteiligen.

Arten- und Habitatschutz: hier müsse notwendigerweise nachgebessert werden, insbesondere die Funktionsfähigkeit der Grünbrücke in der jetzigen Bauplanung und die Auswirkungen der gesamten P-WC-Anlage in Bezug auf mindestens fünf geschützte Arten sei, so die Ansicht der Kanzlei, nicht adäquat bedacht worden.
Klimaschutz: der derweil an Relevanz gewonnen habende Klimaschutz sei im gesamten Planfeststellungsverfahren lediglich mit einem einzigen Satz bedacht – hier sah und sieht die Kanzlei einen erheblichen Angriffspunkt, insbesondere, weil sich diesbezüglich das öffentliche Bewusstsein deutlich geändert habe. Da die Kommune Nehren laut Klinger nicht direkt betroffen sei [ed. was es unserer Ansicht nach gutachterlich doch noch einmal abzuklären gilt, weil ganz konkret eine für die nächtliche Abkühlung des Dorfkessels notwendige Kleinklima-Zone durch die Trasse verbaut würde], wäre das „Thema Klima“ eher ein Klagegrund für eine natürliche Person oder einen Umweltverband.
Darunter fiele dann auch ein eventuell unzureichend einbezogener FFH-Mähwiesenschutz, der wiederum auch die Landwirtschaft beträfe.
Lärmschutz: auch wenn Nehren und nicht zuletzt auch viele Ofterdinger Privatanlieger auf der Ofterdinger OD von massivem Lärmzuwachs betroffen sein werden, scheint dies Dück und Klinger ein unzureichender Klagegrund für die Gemeinden. Mittlerweile gab es allerdings einen Präzedenzfall, nach dem zumindest verbesserte Lärmschutzmaßnahmen seitens Privatpersonen eingefordert werden könnten: denn ebenso wie die b27neu-Endelbergtrasse gerade noch so im Planfeststellungsverfahren VOR die Gültigkeit der erneuerten (und deutlich besseren) Lärmschutzrichtlinie RLS-19 fällt (um zwei Monate), war dies bei der aktuell im verfahren befindlichen B12 dank CSU-Connections zu Herrn Scheuer offenbar machbar. Nun, da in Deutschland das Gleichbehandlungsprinzip gilt, darf sich unser Bundesverkehrsministerium und das hiesige RP zumindest schon einmal darauf einstellen, dass wir und hierauf berufen werden: https://www.kreisbote.de/lokales/kaufbeuren/besserer-laermschutz-an-der-b12-schorer-und-stracke-erhalten-zustimmung-vom-bund-90842854.html – und mit uns ziemlich sicher viele andere auch.
Keine Erfolgsaussichten für die Gemeinde, durchaus aber für Träger Öffentlicher Belange oder Privatpersonen, sahen Dück und Klinger bei den Themen der
Gültigkeit älterer Gutachten: Es gebe zwar keine schematische, allgemeingültige Grenze für Artenschutzgutachten oder Verkehrsprognosen, aber ein Artenschutzgutachten von 2009 wie im Planfeststellungsverfahren zur B 27 könne durchaus als zu alt abgelehnt werden.
Hinzu kommt, dass durch die fortschreitende Verfahrensverzögerung der sogenannte verkehrsbezogene „Prognosehorizont“ schmilzt: dieser endet 2030. Er müsste bei mindestens zwölf bis 15 Jahren liegen.
Der Nutzen einer Trasse, die eine Bauzeit von acht bis zehn Jahren hat ist schlicht gesagt INEXISTENT, falls der Planfeststellungsbeschluss, gegen welchen man dann in Folge würde klagen können, im Jahre 2022 erfolgen sollte. Denn dann GÄBE es keinen Nutzen der Prognose… Auch darauf wird man im Zweifelsfalle durchaus allein aufgrund des baren Menschenverstandes verweisen dürfen.
Dies alles führte schließlich zu dem Schluss: für NEHREN als GEMEINDE hat das Rechtsgutachten eher niederschmetternde Nachrichten gebracht. Für NATURSCHUTZ- und ggf. auch Landwirtschafts-VERBÄNDE und PRIVATPERSONEN hingegen beinhaltete es durchaus relevante Informationen und diverse Hinweise, dass sich eine Vorbereitung auf ein längeres Verfahren lohnt.
Und nun kommen wir zum Punkt: die Ergebnisse der Gutachten des RP zu den einzelnen Schutzgütern müssten meist durch eigene Fachgutachten angezweifelt bzw. widerlegt werden. Und das kostet Geld – und daran scheitert es zumeist. Deswegen haben wir uns vorgenommen, zu jenem Zweck ganz konkret immer wieder zu Spenden aufzurufen und um Spenden zu bitten.
Übrigens, als Rat an alle betroffenen und klagewilligen Privatpersonen mit Grundstücken auf dem Trassengebiet oder etwaigen Beeinträchtigungen: fragen Sie JETZT schonmal bei Ihrer Rechtsschutzversicherung nach und informieren Sie über eine drohende Enteignung.
Alle klagebereiten VERBÄNDE hingegen sollten, da sie Träger Öffentlicher Belange sind, das Rechtsgutachten der Kanzlei Klinger auf der Gemeindeverwaltung Nehren anfordern (das dürfen sie!) und sich einarbeiten….
—– Bitte teilen Sie diesen Beitrag konkret unter den Ihnen bekannten betroffenen Personen —- wir informieren auch gerne weiter und halten über unsere eigenen Vorgehensweise transparent(er als die Behörden) auf dem Laufenden.
(ak – unter Einbezug der Notizen der BUND-Vertreterin B. Lupp)

Guten Tag, wie wäre es Sie würden mal einen Sachverständigen die PFV-Unterlagen prüfen lassen, die Juristen sind damit allein überfordert! Viele Grüße Wulf Hahn
Alternativen suchen zur B27 neu – – bündnis nachhaltige mobilität – S T E I
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